Wie es um Risikoneigung und -bewusstsein bei kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) bestellt ist, zeigt eine aktuelle Untersuchung.
4.5.2020 (verpd) Bei kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) herrschen in Sachen Risikobewusstsein zahlreiche Fehleinschätzungen vor. Dies zeigt eine Studie von Kubi e.V. und der Fachhochschule Dortmund.
Fast jedes vierte kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) hat eine „(eher) risikofreudige“ Grundhaltung gegenüber Geschäftsrisiken. Andererseits bezeichnet sich mehr als jedes dritte KMU als „(eher) risikoscheu“. Die verbleibenden 40 Prozent haben nach eigenem Bekunden eine mittlere Risikoneigung. Dies ergab die Studie „Risikomanagement und Risikoberatung von kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU)“. Diese wurde von der Kubi e.V. in Auftrag gegeben.
Durchgeführt haben die Studie Professor Dr. Matthias Beenken sowie Professor Dr. Michael Radtke von der Fachhochschule Dortmund mit Unterstützung von Jessica Michalczyk. Basis der Untersuchung ist eine im November 2019 – also vor Ausbruch der Corona-Pandemie – vom Forschungsinstitut Yougov Deutschland GmbH durchgeführte Onlinebefragung bei 521 KMUs.
Die größten Risiken
Dabei wurde auch das Risikobewusstsein unter die Lupe genommen. Hier sollten die Befragten fast zwei Dutzend konkret genannte Gefahren auf einer Skala von 1 = „unerheblich“ bis 5 = „existenziell“ für das eigene Unternehmen bewerten. Das größte Gefährdungspotenzial sehen die Interviewten im Falle des Todes (Mittelwert: 3,4) oder einer Krankheit der Geschäftsführung oder sonstiger Schlüsselpersonen (3,2).
Dahinter folgen Zahlungsausfallrisiken wie etwa Forderungen gegen Kunden vor Cyber-, Feuer- und allgemeinen Haftungsrisiken wie etwa Schadenersatz-Forderungen mit Mittelwerten zwischen 2,9 und 2,8. Ebenfalls als besonders existenzgefährdend wurden folgende Gefahren eingeschätzt: die besonderen Haftungsrisiken der Unternehmensführung wie Geschäftsführer, die Einbruch-Diebstahlrisiken, das Betriebsunterbrechungs-Risiko nach IT-Ausfall oder nach Gebäude- oder Inventarschäden sowie die Betriebsschließungs-Gefahr.
Die Benotung erreichte fr diese Risiken im Mittel Werte zwischen 2,5 und fast 2,8. Am unteren Ende der Bedrohungsskala finden sich Transport-, Sturm- und Hagelrisiken sowie solche aus der Erteilung von Pensionszusagen beziehungsweise betrieblicher Altersversorgung wieder. Fr diese Gefahren werden Mittelwerte von jeweils knapp unter 2,0 ausgewiesen.
Wie die Betriebe versichert sind
Wie die Untersuchung weiter zeigt, sind die befragten Unternehmen gegen das Risiko mit dem höchsten Existenzzerstörungs-Potenzial jedoch nur unzureichend abgesichert. So gab lediglich jeder neunte Interviewte an, für Schlüsselpersonen eine Risiko-Lebensversicherung abgeschlossen zu haben.
Deutlich niedriger liegt der bei der Umfrage ermittelte Prozentsatz bei Betriebsschließungs- und Rückrufkosten-Versicherungen mit gut fünf beziehungsweise knapp vier Prozent.
Am verbreitetsten bei den Unternehmen ist die Kfz-Versicherung, die in mehr als jedem zweiten Betrieb zum Versicherungsportfolio gehört. Mehr als vier von zehn Firmen haben zudem Betriebs-/ Berufshaftplicht- sowie Rechtsschutzpolicen.
Ernüchterndes Fazit
Das Fazit der Studienautoren: „Das Risikobewusstsein der KMU ist teilweise von erstaunlichen Fehleinschätzungen geprägt.“ So ordnete beispielsweise nur etwas mehr als jeder vierte Befragte allgemeine Haftungsrisiken als grundsätzlich existenzvernichtend ein, obwohl diese Risiken naturgemä9 nicht beschränkbar sind und im schlimmsten Fall zur Insolvenz führten.
Professor Dr. Beenken zeigte sich zudem erstaunt darüber, dass nicht einmal jeder Zweite angegeben habe, eine Betriebs- oder Berufshaftpflicht-Versicherung zu besitzen.
Die Studie ergab zudem, dass nicht einmal jeder vierte Betrieb auf ein eigenständiges Risikomanagement zurückgreift. Mit ein Grund könnten die Kosten für solche Spezialisten sein. Alternativ können sich Unternehmens-Verantwortliche jedoch auch von Versicherungsexperten umfassend darüber beraten lassen, welche Risiken für die eigene Firma bestehen und welche sinnvollen Absicherungsmöglichkeiten es gegen die existenzgefährdenden Gefahren gibt.